Andreas Fraunberger, Gründer des Multimedia-Unternehmens „Junge Römer“, über den Einsatz von VR und neuen Videotechnologien für NGOs. Thomas Seifert hat ihn befragt.
Wie sind die Erfahrungen von NGOs mit Virtual Reality oder 360°-Video?
Wir haben unser VR-Episoden-Video-Projekt „Escape Velocity“ beim Langen Tag der Flucht im Rahmen eines Projektes des UN-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR und der Internationalen Organisation für Migration gezeigt. Die Schülerinnen und Schüler haben toll auf das Video reagiert. In der Nachbesprechung haben sie ihre emotionalen Erfahrungen wiedergegeben. Sie meinten, dass sie sich sehr gut in die Situation der gezeigten Menschen hineinfühlen konnten.
Andreas Fraunberger ist Co-Geschäftsführer des Multimedia-Unternehmens „Junge Römer“. Er ist Co-Produzent von „Escape Velocity“, einer vierteiligen 360-Story – produziert für das Oculus VR-System.
Zum Beispiel?
In einem Videosegment gibt es eine Szene, wo Emran – ein Flüchtling, um den es in dieser Episode geht – in der U-Bahn sitzt. Wir führen in der Episode vor Augen, wie es ist, wenn man die Beschriftungen auf den Schildern nicht lesen kann und die Sprache nicht versteht. Das konnten die Schülerinnen und Schüler gut nachvollziehen: Denn auch ihnen sitzt in der U-Bahn immer wieder jemand gegenüber, der vielleicht gerade erst nach Wien gekommen ist. Sie haben dann darüber erzählt, wie es ist, wenn man versucht, sich zumindest ein wenig in die Situation solcher Menschen hineinzuversetzen.
Das besondere an VR ist die Ich-Perspektive?
In „Escape Velocity“ ist man für ein paar Minuten jemand anderer – eben, zum Beispiel, Emran. Das Medium ist sehr subjektiv. VR kann eine richtige Empathiemaschine sein. Das größte Problem ist derzeit noch die Hardware: Hochwertige VR-Brillen sind immer noch recht klobig. Es gibt einerseits billige Google-Cardboard-Brillen – die sich auch als Give-Away eignen, wenn man das brandet –, aber die Bild- und Tonqualität lässt zu wünschen übrig. Andererseits stehen nun mit den Oculus Go erstmals halbwegs kostengünstige, hochwertige VR-Brillen zur Verfügung. Man muss aber in die Inhalte investieren. VR funktioniert nämlich nur dann gut, wenn das in höchster Qualität produziert wird.
Was braucht es dafür?
Man braucht einen Plan, wie man die virtuelle Realität zu den Menschen bringt. Im Fall von NGOs geschieht das wohl im Rahmen von Workshops oder man stellt wo einen kleinen Stand auf, um etwa Vorbeigehende oder interessiertes Publikum anzusprechen.
VR liefert da vielleicht Gesprächsstoff. Zudem ist der Neugierde-Faktor nützlich: Am Anfang steht die Neugierde auf ein neues Medium, auf ein neues Gadget – und mit diesem Vehikel wird Interesse für den Inhalt, der im VR-Video vermittelt wird, geweckt.
NGOs waren beim Experimentieren mit VR ganz vorne dabei …
Ja, NGOs waren sicherlich frühzeitige Anwender. Jetzt geht es darum, dass man das VR-Feld nicht nur der Entertainment- und Gaming-Industrie überlässt.
Ist VR vor allem ein Kampagne-Instrument oder sehen Sie die Anwendung eher im Ausbildungsbereich?
Ich denke VR funktioniert gut in Kampagnen. Im Lernbereich sehe ich aber ebenfalls Chancen. In jedem Fall ist zu empfehlen, den einmal produzierten Inhalt auf den verschiedensten Online-Plattformen zur Verfügung zu stellen.
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